Zum Beispiel Haßleben: Warum wir Massentierhaltung in Brandenburg stoppen müssen

Am Montag den 16.10.2017 findet am Verwaltungsgericht Potsdam der erste Verhandlungstag im Klageverfahren gegen die Genehmigung der Schweinemastanlage in Haßleben (Uckermark) statt. Seit 2004 hat es ein Netzwerk aus der Bürgerinitiative kontra Industrieschwein Haßleben, Umweltverbänden und Tierschutzorganisationen geschafft, den Bau dieser Massentierhaltungsanlage mit gut 37.000 Tierplätzen erfolgreich zu verzögern. Nun soll Haßleben vor Gericht gestoppt werden. Denn ein Bau der SMA Haßleben hätte gravierende Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit. Zudem steht eine Tierhaltung, wie die in derartigen Anlagen praktiziert wird, unter massiver gesellschaftlicher Kritik.   

 

Güllemengen wie aus einer Großstadt

 

Ein Megastall wie Haßleben mit ca. 37.000 Schweinemastplätzen und einem Durchlauf von 100.000 Tieren pro Jahr verursacht höchstbedenkliche Nitrat- und Stickstoffbelastungen. Die Güllemengen entsprechen den Exkrementen einer Großstadt. Für das anliegende Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und den Naturpark Uckermärkische Seen ist das eine Katastrophe. Deswegen kämpft ein Netzwerk aus den Umweltverbänden BUND und NABU, sowie dem Förderverein Feldberg - Uckermärkische Seenlandschaft, dem Deutschen Tierschutzbund und der Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt seit 2004 gegen das Bauvorhaben.

 

Doch das Landesumweltamt hatte als Genehmigungsbehörde die Widersprüche abgelehnt und die Anlage genehmigt. Aus diesem Grund hatten die beteiligten Verbände im Juni 2016 Klage vor dem Verwaltungsgericht in Potsdam eingereicht. Das umfangreiche Verfahren füllt mittlerweile über 60 Aktenordner. Der Verhandlungstermin wurde in diesem Jahr von Anfang Juni auf den 16. Oktober 2017 verschoben.     

 

Haßleben als Gorleben der Massentierhaltung

 

Bereits 2004 beantragte der holländische Großinvestor Harry van Gennip, die 1991 stillgelegte Schweinemastanlage wieder in Betrieb zu nehmen. 2012 hatte der Investor die Pläne in Anbetracht der absehbaren immissionsschutzrechtlichen Auflagen abspecken müssen: Statt wie vorgesehen 85.000 Schweineplätze sollten nun “nur noch” 37.000 Plätze für Mastschweine, Ferkelaufzucht und (Jung)-Sauen entstehen. Dafür wurde 2013 die Genehmigung erteilt. Doch gebaut wird bisher nicht. Das Verfahren hat aufschiebenden Wirkung. Die klageberechtigten Verbände sind in den Widerspruch gegangen. Da auch dieser vom Landesumweltamt abgeschmettert worden ist, hatten die Verbände im Juni 2016 Klage eingereicht, über die nun entschieden wird.

 

Der Protest ist beeindruckend: Im Genehmigungsverfahren hatte es über 1.000 Einwendungen gegeben. 2013 hatte die Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt 47.000 Unterschriften gegen Haßleben im Potsdamer Landtag abgegeben. Im Juni 2014 fand gegen die Schweinemastanlage außerdem eine „Wir haben es satt!“-Demonstration mit über 1.000 Teilnehmern in Haßleben statt. Unter anderem auch wegen der Beantragung besonders großer Tierhaltungsanlagen wie Haßleben hatte sich 2013 das Aktionsbündnis Agrarwende Berlin-Brandenburg gegründet und mit dem Volksbegehren gegen Massentierhaltung bis Anfang 2016 knapp 104.000 Stimmen gegen Massentierhaltung gewonnen.

 

Massentierhaltung auf dem Prüfstand: Darum muss Haßleben gestoppt werden

 

Der Hebel, mit dem Haßleben noch gestoppt werden kann, ist das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren. Denn die Anlage bedroht mit ihren Gülle- und Ammoniakausstößen ganz unmittelbar die umliegenden Naturlandschaften. Nährstoffüberschüsse belasten die Böden und verändern Biotope in den geschützten Flora- und Fauna-Habitaten (FFH). Geschützte Arten werden als direkte Folge des Baus verschwinden. Am Standort gibt es bereits eine starke Vorbelastung. Zu DDR Zeiten wurden in Haßleben ca.150.000 Schweine gehalten. Wird die Anlage erneut in Betrieb gehen, kann sich die Natur davon nicht mehr erholen.

 

Eine Tierhaltung, wie sie in Haßleben vorgesehen ist, steht derzeit massiv in der Kritik: Erschreckende Bilder aus gigantischen Megaställen offenbaren zum Himmel schreiende Zustände in derartigen Stallanlagen. Tierrechtsaktivist*innen konnten in einer vergleichbaren Anlage, die vom Schweinemäster van Gennip in Sachsen-Anhalt betrieben wird, bereits eklatante Mißstände zur Anzeige bringen.

 

Doch auch ohne “schwarze Schafe” unter den Tierhaltern steht die alltägliche Praxis in der Nutztierhaltung auf dem Prüfstand. Schweine sind intelligente und fühlende Lebewesen. In Megaställen wie Haßleben stehen sie ohne Einstreu und Kontakt zum Außenklima auf Betonspaltenböden. Bei den Minimalbedingungen, die ihnen von Rechts wegen zustehen, können sie wesentliche artgemäße Verhaltensweisen nicht ausleben. Stress und systembedingte Verletzungen sind die Folge. Der Wissenschaftliche Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums hat 2015 in einem Gutachten eine derartige Tierhaltung als nicht zukunftsfähig bezeichnet. Greenpeace hat jüngst in einem Rechtsgutachten aufgezeigt, dass die derzeit durch die Tierschutznutztierhalterverordnung legitimierte Haltung von Mastschweinen nicht mit dem Tierschutzgesetz vereinbar ist. Mit Tierwohlinitiativen und Tierschutzplänen finden auf Bundes- und Länderebene längt Prozesse statt, welche die Rahmenbedingungen der Schweinehaltung verbessern sollen. Der Bau der riesigen Schweinemastanlage in Haßleben jedoch bedeutet ein “weiter so”, zementiert skandalöse Zustände und ist von daher vollkommen inakzeptabel.

 

Damit Haßleben verhindert werden kann bittet der BUND Brandenburg um Spenden

 

Der Widerstand gegen Massentierhaltung kostet Geld. Für das Verfassen von Einwendungen, Widersprüchen und das Klageverfahren kommen Umweltverbände, Tierschutzorganisationen und Bürgerinitiative nicht darum herum, einen Rechtsbeistand zu beauftragen. Das Verfahren “Haßleben” läuft mittlerweile seit 13 Jahren und umfasst über 60 Aktenordner. Die juristische Auseinandersetzung ist entsprechend aufwendig, zeit- und kostenintensiv. Für die Deckung der Anwaltskosten im immissionsschutzrechtlichen Verfahren bittet der BUND deswegen um Spenden.

 

Infos und Kontakt:

 

Kampagne “Stoppt den Megastall!”

Aktionsbündnis Agrarwende Berlin-Brandenburg

℅ BUND Brandenburg

 

Kampagnenleitung: Jens-Martin Rode

 

Friedrich-Ebert-Straße 114a

14467 Potsdam

Tel. 0331-237 00 141


kontakt@stoppt-den-megastall.de

www.stoppt-den-megastall.de

 

Foto: Gert Müller / Bürgerinitiaive kontra Industrieschwein Haßleben

Bitte unterstützen Sie den Widerstand gegen die Schweinemastanlage in Haßleben mit einer Spende!


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