104.000 Stimmen und viel PS – Volksbegehren nimmt nächste Hürde

Pressemitteilung zum 16.03.2016

 

Mit einer Demo und einem offenen Brief an die Mitglieder des Brandenburger Landtags machten die Initiator*innen des Volksbegehrens gegen Massentierhaltung noch einmal ihre Forderungen nach einer Kehrtwende in der Nutztierhaltung in Brandenburg deutlich. Während vor dem Landtag 70 Aktive aus dem Aktionsbündnis Agrarwende Berlin-Brandenburg symbolisch die Kernforderungen über die nächste Hürde trugen, forderten die  Massentierhaltungsgegner in einem Schreiben alle Landtagsabgeordneten auf, das Volksbegehren anzunehmen.

 

Anlass war die heutige Anhörung in der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Landwirtschaft und Verbraucherschutz. In Vorbereitung auf die Entscheidung des Landtags am 19. April 2016 nahmen die Initiator*innen und die von ihnen benannten Experten, Peter Kremer (Rechtsanwalt) und Eckehard Niemann (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, AbL), zu den Kernforderungen des Agrarwendebündnisses Stellung. Die Anhörung von Sachverständigen ist nach dem Volksabstimmungsgesetz vorgesehen.

Insbesondere das vom Volksbegehren geforderte Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände stellt in der Auseinandersetzung mit der Landesregierung eines der Hauptstreitpunkte dar. Auch von Seiten des Landesbauernverbandes wurde immer wieder ein erhebliches Potential von Missbrauchstatbeständen und eine Klageflut in den Raum gestellt.

 

“Es wird aber keine Klagewelle geben. Seit Einführung der ersten Klagemöglichkeit im Land Bremen im Jahr 2007 gab es – nach hier vorliegenden Erkenntnissen – kaum Klagen. In den einschlägigen Datenbanken finden sich zwei Urteile.” sagte Rechtsanwalt Peter Kremer. “Anders als vom Landesbauernverband vorgeworfen, bedeutet eine Umsetzung des Volksbegehrens nicht den Untergang des Abendlandes für die Landwirtschaft in Brandenburg. Im Gegenteil: So gibt es bereits einen Tierschutzbeauftragten und das Verbandsklagerecht in anderen Bundesländern, dort wird auch bereits an einer Umstellung der Landwirtschaftsförderung in Bezug auf Tierwohl-Kriterien und einem Kupierverbot gearbeitet. Die Landesregierung verpasst diese Entwicklung und versperrt sich bislang den Forderungen. Allein die Abschaffung der einfachen landwirtschaftlichen Basisförderung und die Ankündigung eines vage gehaltenen Tierschutzbeauftragten reichen nicht aus.” erklärten die Initiator*innen während der Anhörung.

“Wir fordern nur, dass sich die Tierhalter an geltendes Recht und Gesetz halten und das dies einklagbar ist. Nicht mehr und nicht weniger. Warum der Bauernverband und die SPD sich mit Händen und Füßen dagegen wehrt, würden wir gerne verstehen, alle bisherigen Argumente konnten wir widerlegen” sagt Michael Wimmer, Sprecher des Aktionsbündnisses Agrarwende Berlin-Brandenburg

 

“Auf Drängen der EU-Kommission und unter dem Druck einer starken gesellschaftlichen Bewegung hat die frühere schwarz-gelbe Landesregierung Niedersachsens unter Ministerpräsident McAllister im Jahre 2011 einen Tierschutzplan erstellt, in dem für alle Tierarten die wichtigsten Missstände beim Namen genannt und aufgelistet werden und in dem klare Fristen zur Beendigung dieser Missstände verankert sind. Andere Bundesländer wie NRW, Schleswig-Holstein und teilweise auch Mecklenburg-Vorpommern haben sich diesem Vorhaben angeschlossen oder ähnliche Vorhaben in Gang gesetzt. Gerade angesichts der in Brandenburg besonders dominanten agrarindustriellen Tierhaltungs-Strukturen ist die rasche Umsetzung der Forderungen der Volksinitiative umso dringlicher. “  sagte Eckehard Niemann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)

Doch nicht nur die Aspekte des Tierschutzes bewegen die Initiator*innen des Volksbegehrens, gegebenenfalls auch in den Volksentscheid zu gehen. Insbesondere hinsichtlich der Ammoniakemissionen und der Gülleflut machen die Initiator*innen auf die Umweltgefahren aufmerksam. Aus der SMA Tornitz mit derzeit 66.000 Tieren fließen jedes Jahr mehr als 150.000 m3 antibiotikabelastete Gülle. Diese Fracht wird auf die Felder gebracht, auf denen Nahrungsmittel wachsen wie z. B. Gurken, Erdbeeren uvam. Damit steigt die Gefahr, dass  multiresistente Keime auch über das Essen aufgenommen werden. Auch hier besteht für das Land Brandenburg noch erheblicher Handlungsbedarf in der amtsärztlichen Kontrolle.

 

Hintergrund:

Das Volksbegehren gegen Massentierhaltung ist mit knapp 103 545 Unterschriften im Januar erfolgreich zu Ende gegangen. Das Volksbegehren fordert auf Landesebene ein Verbot des Abschneidens von Schwänzen und Schnäbeln in der Nutztierhaltung (Kupieren), sowie einen Landestierschutzbeauftragten. Zudem soll das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände für die effektive Durchsetzung von Tierschutzaspekten und ein Plus an Rechtssicherheit bei Stallbauten sorgen. Die Agrarförderung soll sich an der artgerechten Tierhaltung orientieren. Auf Bundesebene wird die Landesregierung aufgefordert, sich z.B. über Bundesratsinitiativen für einen stärkeren Immissionsschutz, die Reduzierung des Antibiotikagebrauchs und die Stärkung der gemeindlichen Mitbestimmung einzusetzen. 

 

 

 

Peter Kremer,  Stellungnahme Tierschutz-Verbandsklage

Download
2016-03-16-Volksbegehren-gegen-Massentie
Adobe Acrobat Dokument 395.0 KB
Download
offener-brief_.pdf
Adobe Acrobat Dokument 770.2 KB
Download
Positionspapier-März-16.pdf
Adobe Acrobat Dokument 798.3 KB

Kontakt:

Michael Wimmer (Fördergemeinschaft ökologischer Landbau)

Sprecher Aktionsbündnis Agrarwende Berlin-Brandenburg: 0179 – 4527 147

 

Jochen Fritz (www.meine-landwirtschaft.de)

Vertreter Volksbegehren gegen Massentierhaltung in Brandenburg: 0171 – 8229 719

 

Inka Thunecke (Bürgerinitiative “Gumtow gegen Tierfabrik”)

Vertreterin Volksbegehren gegen Massentierhaltung in Brandenburg: 0177 – 6784 178

 

Werner Kratz (NABU Brandenburg)

Vertreter Volksbegehren gegen Massentierhaltung in Brandenburg: 01578 – 4678 414

 

Pressekontakt:

Jens-Martin Rode

 

Volksbegehren gegen Massentierhaltung in Brandenburg: 0176 – 217 58 355

Fotos Demonstration Landtag Potsdam am 16. März 2016

Kommentar schreiben

Kommentare: 0